Interview mit Alexander Susanek, COO PALFINGER AG

06.10.2023

Alexander Susanek – ehemaliger Geschäftsführer der BMW-Motoren in Steyr und bisheriger Leiter der Antriebsproduktion der BMW Group – übernahm mit 1. Juli 2023 im Vorstandsteam der PALFINGER AG die Agenden des COO und verantwortet damit wesentlich den laufenden Transformationsprozess. Mit „ir.news“ spricht Susanek über seine ersten Wochen bei PALFINGER, über sich als Mensch, wie er seinen Verantwortungsbereich für herausfordernde Zeiten rüsten möchte und welche Ziele er sich für die nächsten 12 Monate gesetzt hat.

ir.news: Seit Anfang Juli 2023 verantworten Sie als Chief Operating Officer (COO) Produktion und Produktlinien der PALFINGER AG. Wie hat Ihr Berufsweg vor Ihrem Einstieg bei PALFINGER ausgesehen? Welche Erfahrungen bringen Sie aus Ihrer bisherigen Berufslaufbahn mit?

Susanek: Ich habe an der TU München Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurswesen studiert und anschließend im Fach Betriebswirtschaft promoviert. Für mich war von Anfang an klar, dass wenn man mit einem Unternehmen erfolgreich sein will, Technik und Betriebswirtschaft Hand in Hand gehen müssen.

Dieses Wissen begleitete mich fortan im Berufsleben. Nach acht Jahren bei MAN habe ich die letzten neun Jahre in verschiedenen Funktionen bei BMW verbracht. Unter anderem arbeitete ich als Leiter des Prototypenbaus PKW eng mit dem Engineering und den Produktlinien zusammen, bevor ich die Verantwortung über das größte Motorenwerk der BMW Group in Steyr übernahm. Zuletzt war ich hier für die Produktion aller Verbrennungs- und Elektromotoren zuständig. Die Automobilindustrie zeichnet sich durch hochgradig vernetzte Prozesse aus, die reibungslos ineinandergreifen müssen. Da braucht es ein gutes Gesamtverständnis und hohe Verbindlichkeit. Das sind Erfahrungen, die mir sehr wichtig sind und die mich sicherlich geprägt haben.

Aus meinen vergangenen Positionen bringe ich ein breites Wissen mit und es wird einige Best Practices geben, die uns auch bei PALFINGER helfen werden. Ich bin mir aber auch bewusst, dass sich aufgrund unseres Geschäftsmodells bei PALFINGER und unserer Größe nicht alles eins zu eins übertragen lässt.

ir.news: Und wie würden Sie sich als Mensch beschreiben? Was ist Ihnen als Führungskraft wichtig?

Susanek: Als Vater von drei Kindern ist mir ein respektvoller Umgang miteinander und eine langfristige Perspektive in unserem Handeln besonders wichtig. Ebenso wichtig sind mir ein vertrauensvolles und wertschätzendes Miteinander sowie Offenheit für Veränderung. Das, was man von anderen erwartet, sollte man zuallererst selbst vorleben – deshalb setze ich diesen Maßstab auch bei mir als Führungskraft an.

Im Unternehmen ist unsere wichtigste Aufgabe, für Ergebnisse zu sorgen und die Voraussetzungen für nachhaltigen Erfolg zu schaffen. Ergebnisorientierung ist für mich daher ein wesentlicher Anspruch an alle Führungskräfte. Dazu gehört für mich auch, Erwartungen deutlich anzusprechen und für Klarheit und Verbindlichkeit zu sorgen.

Ich bin davon überzeugt, dass Unternehmen heute nur erfolgreich sein können, wenn die Führungsebene als Team zusammenarbeitet. Die Welt ist heute zu komplex, als dass ein einzelner den vollständigen Überblick haben könnte und immer die richtigen Entscheidungen treffen kann. Deshalb ist für mich eine Kultur wichtig, in der jeder seine Meinung sagen und man auch kontroverse Diskussionen führen und aushalten kann. Wenn man dann aber eine Entscheidung getroffen hat, erwarte ich aber auch, dass sich alle daran halten und konsequent an der Umsetzung arbeiten.

 

ir.news: Zu Beginn Ihrer Amtszeit haben Sie betont, dass es Ihnen wichtig ist, möglichst schnell einen Einblick zu bekommen und sich mit den lokalen Teams persönlich auszutauschen. Wie weit sind Sie damit? Konnten Sie sich schon einen ersten Überblick verschaffen? Wie sieht Ihr Fazit aus?

Susanek: Wichtig war mir, die Produkte, die Standorte und die Mitarbeiter, die PALFINGER ja zu dem gemacht haben, was es heute ist, schnell kennenzulernen und mir einen Überblick zu verschaffen. Insofern war ich in den letzten Wochen sehr viel unterwegs, vor allem in Europa und Nordamerika.

Was mich begeistert hat, sind die vielen erfahrenen und hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den PALFINGER Spirit leben. Dabei gibt es eine gute Mischung aus langjährigen Mitarbeitenden und solchen, die erst in den letzten Jahren dazugestoßen sind und Erfahrungen aus anderen Unternehmen mitbringen.

PALFINGER ist in den letzten zwei Jahrzehnten stark gewachsen – und das auch durch viele Akquisitionen und Joint Ventures. Das merkt man natürlich. Die Einführung der GPO war hier ein ganz wichtiger Schritt. Da ist zwar schon einiges passiert, aber es bleibt auch noch viel zu tun. Gerade an den Schnittstellen zwischen Entwicklung, Einkauf und Produktion liegen noch zu wenig genutzte Potenziale. Deswegen ist es für mich wichtig, die Integration der verschiedenen Standorte weiter voranzutreiben. Das ist für mich die Basis dafür, Synergien erfolgreicher zu nutzen und die Effizienz weiter zu steigern.

ir.news: PALFINGER hat eine sehr hohe Wertschöpfungstiefe. Bleibt es dabei? Oder stellen Sie sich nicht schon öfter die Frage „Make or Buy“?

Susanek: Das ist sicherlich eine Schlüsselfrage für die Erreichung unserer finanzwirtschaftlichen Ziele. Eine hohe Wertschöpfungstiefe erfordert, dass wir dauerhaft Investitionen in den Erhalt unserer Werke tätigen müssen und in der eigenen Wertschöpfung Kapital binden. Das hat Auswirkungen auf den Cash-Flow, die wir uns so dauerhaft nicht leisten wollen.

Wir haben sehr leistungsfähige Werke, die speziell für unsere Anforderungen ausgelegt sind und damit sehr effizient arbeiten. Ergänzend dazu müssen wir unsere Lieferantenbasis stärken und Lieferanten auch strategisch entwickeln, sodass wir hier weiterhin starke Partner an unserer Seite haben und zu guten Preisen und guter Qualität einkaufen können. Das ist für mich eine Voraussetzung für ein stärkeres Sourcing von außen.

In den nächsten Wochen stehen deshalb verschiedene Lieferantenbesuche auf meiner Agenda. Für mich ist es sehr wichtig, mit den Lieferanten zu sprechen, die für eine strategische Partnerschaft in Frage kommen. Dabei liegt für mich der Fokus speziell auf unserem Wachstumsmarkt Nordamerika.

ir.news: Ende Juli hat PALFINGER seine Rekord-Halbjahresergebnisse präsentiert. Allerdings belasten die hohen Investitionen und das deutlich angestiegene Working Capital, bedingt durch die höheren Lagerbestände, den Free Cashflow und die Nettofinanzverschuldung massiv. Welche Optimierungsmöglichkeiten sehen Sie, um das Working Capital zu reduzieren?

Susanek: Zum einen arbeiten wir daran, unsere Bestände zu reduzieren. In den letzten Jahren haben wir in Folge der COVID-Pandemie viele Verwerfungen in den Lieferketten gesehen. Als Reaktion darauf haben wir für viele Materialien die Reichweiten erhöht, um trotzdem lieferfähig zu bleiben. Das wird sich zukünftig wieder verändern.

Zusätzlich haben wir Potenziale im Supply Chain Management, zum Beispiel durch eine bessere Steuerung der Materialflüsse über die gesamte Wertschöpfung sowie die Weiterentwicklung unserer Organisation und unserer Prozesse. Dazu haben wir bereits Projekte gestartet, die wir jetzt noch einmal beschleunigen werden.

Zum anderen werden wir auch unsere Investitionen, vor allem in der eigenen Wertschöpfung, sehr kritisch auf den Prüfstand stellen.

ir.news: Die Bauwirtschaft in EMEA ist unter dem Druck steigender Zinsen und höherer Kosten rückläufig. Wie kann man die Produktion und Fertigung auf diese Herausforderung vorbereiten? Wie ist PALFINGER diesbezüglich aufgestellt?

Susanek: Angesichts der wirtschaftlichen Lage sind wir etwas vorsichtiger beim Kapazitätsausbau und bei Neueinstellungen, ohne von unseren langfristigen Wachstumszielen abzuweichen. Gleichzeitig werden wir sehr genau auf unsere Kostenentwicklung achten und Projekte auf ihren Wertbeitrag hin überprüfen.

Erfreulicherweise sehen wir in Nordamerika eine weiterhin gute Nachfragesituation, und wir stellen fest, dass unsere Wachstumspläne greifen. Das sorgt für eine gewisse Stabilisierung der Auslastung unserer Werke. Ich gehe heute davon aus, dass unsere Instrumente wie Zeitkontenabbau und Rückführung von Überstunden ausreichen, um auf die Nachfrageveränderungen zu reagieren.

ir.news: Abschlussfrage: Welche Ziele haben Sie sich gesetzt und was lässt sich in den nächsten 12 Monaten davon realisieren?

Susanek: Ich bin davon überzeugt, dass ein Unternehmen nur dauerhaft erfolgreich sein kann, wenn es sich konsequent an den Bedürfnissen seiner Kunden ausrichtet. Das gilt für mich ganz besonders für Investitionsgüter. Daher ist es mir ein wichtiges Anliegen, unsere Produkte kontinuierlich weiterzuentwickeln und dazu beizutragen, dass PALFINGER in allen Produktlinien First Choice für seine Kunden ist. Digitale Funktionen und Elektrifizierung werden hier wichtige Themen sein.

Und natürlich möchte ich dazu beitragen, das Unternehmen leistungsfähiger sowie effizienter zu machen und unsere Wachstumsziele zu realisieren. Insbesondere wollen wir die Zielsetzungen von 3 Mrd. Euro Umsatz, 10 % EBIT und 12 % ROCE im Jahr 2027 erreichen. Da kann ich mit den Funktionen in meinem Verantwortungsbereich einiges beitragen. Einige Maßnahmen werden erst längerfristig Wirkung zeigen, aber es ist mein klarer Anspruch, dass sich in den nächsten 12 Monaten einiges bewegt.