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Interview mit André Kluge VP EMEA Sales & Service Product Divisions
Im Interview mit ir.news beschreibt André Kluge, Vice President EMEA Sales & Service Product Divisions, die aktuelle Lage in der Region EMEA und wie sich dieser Markt in der Zukunft entwickeln könnte.
ir.news: Die PALFINGER AG hat im ersten Halbjahr 2023 Rekordmarken bei Umsatz und EBIT verzeichnet. Jedoch bleibt die wirtschaftliche Situation in Europa weiterhin angespannt. So steigen beispielsweise die Zinsen und die Inflation ist nach wie vor sehr hoch. Inwiefern beeinflusst dies die Nachfrage und die Auftragseingänge bei PALFINGER in den nächsten Monaten?
Kluge: Das erste Halbjahr 2023 war außergewöhnlich. Insbesondere nach dem volatilen Jahr 2022. Bereits 2022 haben wir daran gearbeitet unsere Rentabilität zu verbessern und wir haben das Dynamic Pricing eingeführt. Zudem wurden bestehende Aufträge nachverhandelt, um die Kostensteigerungen abzufedern.
Auch das kommende Jahr wird nicht einfach werden. Der Markt hat sich erneut verändert. Viele Kunden sind verunsichert, Investitionen werden verschoben und der Auftragseingang ist auf einem niedrigen Niveau. Weshalb wir und unsere Partner versuchen, jede sich bietende Gelegenheit auf den Märkten zu nutzen.
ir.news: Wo liegen die Gründe für den geringeren Auftragseingang? Liegt es an der Entwicklung bestimmter Branchen z.B. der rückläufigen Bauwirtschaft oder woran liegt es?
Kluge: Ein Grund ist die hohe Inflation, welche wiederum die Bauwirtschaft negativ beeinflusst. Die gestiegenen Zinssätze haben die Folge, dass es für den Großteil der Gesellschaft fast unmöglich wird, sich den Kauf eines eigenen Hauses oder einer Wohnung leisten zu können. Wodurch die komplette Baubranche zum Erliegen kommt. So gibt es aktuell nur noch wenige neue Bauvorhaben, wodurch auch der Transport von Rohstoffen zu den Baustellen einbrechen wird. Unsere Kunden verschieben Investitionen, um potenzielle Preissenkungen und ein besseres wirtschaftliches Umfeld abzuwarten.
ir.news: Du hast viel über die Gründe gesprochen, warum die Märkte in Europa rückläufig sind, und weniger Aufträge generiert werden. PALFINGER hat im ersten Quartal bekanntgegeben, das im Gesamtjahr 2023 ein Umsatz von EUR 2,4 Milliarden angestrebt wird. Wie können wir das trotz der schwierigen Zeiten erreichen?
Kluge: Unser Auftragsbuch ist immer noch gut und inzwischen haben wir eine Visibilität, die bereits bis zum 1. Quartal 2024 reicht. Also ja, unsere Guidance von EUR 2,4 Milliarden ist machbar.
ir.news: Wenn wir nun von der Gegenwart in die Zukunft blicken. Was denkst du, welche Branchen oder welche Produktlinien haben das größte Potenzial für PALFINGER, auch im Hinblick auf unser Ziel 2027, die EUR drei Milliarden Umsatz zu erreichen?
Kluge: Natürlich sehen wir auf der einen Seite den Abwärtstrend in der Bau- und Transportindustrie. Gleichzeitig gibt es aber auch einen Aufwärtstrend in genau diesen Branchen.
Durch den Green Deal der Europäischen Union, welcher das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verfolgt, wird es Veränderungen in der Baubranche geben. So könnte die Installation von z.B. neuen Fenstersystemen, Heizungssystemen, Wärmepumpen oder Photovoltaikanlagen zur Kohlenstoffneutralität von Häusern beitragen. Hierdurch wird sich auch unser eigentliches Geschäft verändern bzw. erweitern. Hier könnten größere Krane, Spezialkrane oder Spezielle Hebelösungen benötigt werden, um diese neuen Anforderungen zu erfüllen.
Eine weitere Veränderung, die kommen wird, ist „drive by wire“. Auf den Märkten herrscht das Problem, dass keine Fachkräfte gefunden werden. Weshalb wir versuchen, Wege zu finden, wie wir unsere Kunden dabei unterstützen können, z.B. indem wir es ermöglichen, dass der Kran automatisiert auf- und abladen kann. Im PALFINGER Marine Bereich haben wir bereits Krane, welche aus der Ferne gesteuert werden können. Ich kann mir vorstellen, dass diese Technologie zukünftig in unserem gesamten Produktportfolio relevant werden könnte.
ir.news: Die Region EMEA umfasst mehr als nur Europa. Wie werden sich die anderen Wirtschaftsregionen wie Naher Osten, Australien und Afrika in Zukunft entwickeln und wie wichtig sind diese Märkte für PALFINGER jetzt und in Zukunft?
Kluge: In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben wir uns vermehrt auf Europa konzentriert. Der Markt im Nahen Osten, der afrikanische Markt und auch Australien waren immer eine gute Ergänzung zu unserem Geschäft aber keine großen Fokusregionen. Wir haben bereits damit begonnen die Strategie anzupassen. Für mich ist der Nahe Osten eine boomende Region insbesondere mit Blick in die Zukunft. Der Nahe Osten plant riesige Investitionen in Infrastrukturprojekte, davon kann auch PALFINGER profitieren. Unser gesamtes Produktportfolio wird dort benötigt, um diese Projekte zu realisieren. Wir müssen in dieser Region mehr Präsenz zeigen vielleicht auch die eine oder andere Investition machen. Aus diesem Grund werden wir im Oktober ein Büro in Dubai eröffnen, um so näher am Markt und an den Kunden zu sein.
Australien ist ein großer und sehr stabiler Markt und hat viele Rohstoffe. PALFINGER hat einen großen und starken Händler in Queensland, und denken gerade darüber nach, einen weiteren Stützpunkt in New South Wales zu eröffnen. Dies könnte zu einer Verdoppelung unseres Umsatzes in Australien führen.
Afrika bietet mit seiner Größe und den bevölkerungsreichen Staaten auch Potentiale, aber die afrikanischen Märkte sind unübersichtlich und unterliegen oft großen Schwankungen. Wir wollen uns auf den nordafrikanischen Teil und Westafrika fokussieren und hier präsenter werden.
Ich bin zuversichtlich, dass wir bis 2030 auch in den Regionen, in welchen wir momentan nicht die notwendige Präsenz haben, mehr Umsatz generieren werden.